Berichte

von Sr. Dorothea im Juli 2009

Bericht über die Frauenwerkstatt in Gyöngyösoroszi/Ungarn

Gyöngyösoroszi ist ein Ort mit 1600 Einwohnern am Rande des Matra-Gebirges, ca. 90 km nordöstlich von Budapest. Die Hälfte der Einwohner sind Zigeuner. Die meisten von ihnen wohnen am Rand des Ortes in einer Senke, was schon deutlich macht, dass sie ausgegrenzt sind und kaum Gemeinschaft mit den Ungarn haben. Früher hatten die Leute, auch die Zigeuner, hier Arbeit in der Berg Mine, bis sie von den Russen ausgeplündert wurde. Viele Ungarn zogen fort und suchten woanders Arbeit und eine neue Heimat. Die Zigeuner bleiben, denn wo sollen sie hin? Niemand will sie haben.
Fast alle sind arbeitslos, vielleicht gibt es ein paar Gelegenheitsarbeiten bei der Müllabfuhr oder beim Straßen kehren. Aber so gut wie alle Familien leben von der Sozialhilfe, die sofort nicht mehr reicht, wenn einer Medizin braucht oder irgendetwas anderes Unvorhergesehenes passiert. Es ist Standard, dass am Monatsende in den Familien gehungert wird. Die Kinder betteln, die Frauen klingeln zu Dutzenden an unserer Haustüre, die Männer sind aggressiv. So geht das lebenslang, ohne Perspektive, und ohne Hoffnung auf Veränderung. Die meiste Last tragen die Frauen. Viele von ihnen führen einen ununterbrochenen Existenzkampf. Um fast alles müssen sie kämpfen: um Windeln für 3 Kleinkinder, um Bettzeug, um Waschmittel für die Wäsche von 12 Leuten, zu waschen mit kalten Wasser von der Pumpe 200 m entfernt, und um Holz für den langen Winter, um Geld für den Bus zum Arzt, um ein Shampoo und um die Schulpause für 8 Kinder, ..... am schlimmsten, sagen sie, ist aber die Verachtung und die Ausgrenzung, die sie ebenso lebenslänglich erfahren. Alle nehmen die kleinen Gelegenheiten wahr, um ein wenig Geld zu verdienen. Manchmal haben sie aufgeschwollene und blutende Hände vom Hagebuttenzupfen, sie gehen schon früh um 4 Uhr, wenn die Kinder noch schlafen, weit hinaus in den Wald zum Pilze suchen, sie sammeln Schnecken um vielleicht 3 Euro für einen ganzen Eimer zu bekommen. Oft zerbrechen wir Missionarinnen vom Guten Hirten, aus Frankreich, Holland, Ungarn und Deutschland uns den Kopf, was wir tun könnten um ihnen zu helfen, denn kein Ungar stellt auf Dauer einen Zigeuner ein. So ist u.a. eine Werkstatt für Frauen entstanden und jede, die dort eine Weile arbeitet, kann so viel verdienen, dass ihre Familie am Monatsende nicht zu hungern braucht. Sie kommen gern und arbeiten fleißig. Das Gestalten tut ihnen gut. Sie haben sonst so wenig Möglichkeiten, sich auszudrücken und sie erfahren so wenig Lob, Selbstvertrauen und Respekt. In der Werkstatt gibt es dafür viel Raum und Möglichkeiten. Sie können eine Weile ungestört miteinander und mit uns reden, über Gott und die Welt und über ihre Probleme und das tut ihnen auch unendlich gut. Es würden noch viel mehr Frauen kommen als momentan möglich ist. Ein anderes Problem ist die Frage: wer kauft den Frauen ihre Produkte ab? Jeder, der einen Artikel kauft, kann sicher sein, dass das Geld umgehend den Frauen ausgezahlt wird, dass ihnen eine große Wohltat erwiesen wird, wenn sie ihre Kinder nicht mehr hungern sehen und wenn der ganzen Familie durch ihre eigene Arbeit geholfen wird. Dieses ist vor allem sehr sehr wichtig: dass sie wissen - ich habe kein Almosen bekommen, sondern ich habe es mir durch meine Anstrengung verdient! Und sie müssen sich sehr wohl anstrengen - vielen ist diese Art von Arbeit erst mal ganz neu und ungewohnt. Wir Schwestern danken allen von ganzem Herzen, die die Werkstatterzeugnisse kaufen. Schade, dass Sie nicht das glückliche Lächeln sehen können in den oft abgehärmten und ausgezehrten Gesichtern der Frauen und das Strahlen der Kinder, wenn es doch Brot gibt an den Tagen, wo es sonst keines gab! Es kehrt durch Sie Freude und ein bisschen Glück in den Familien ein, die sonst sehr oft nur Sorge, Not und Verachtung kennen.

Zeitungsbericht aus der Krone 10.05.2011

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